18.02.2022

„Marktbeherrschende Stellung von RWE wird zum Nachteil für die Verbraucher“

Im gestern veröffentlichten Marktmachtbericht zur Stromerzeugung stellt das Bundeskartellamt eine deutlich marktbeherrschende Stellung des Konzerns RWE fest. Dr. Thomas E. Banning, Vorstandvorsitzender des unabhängigen Öko-Energieversorgers NATURSTROM, kritisiert scharf, dass es zu dieser Situation kommen konnte. Als ursächlich hierfür sieht er den Deal zwischen E.ON und RWE im Jahr 2018. Beide Unternehmen haben seitdem in ihren jeweiligen Märkten marktbeherrschende Stellungen, behindern so einen fairen Wettbewerb und nutzen ihre Marktmacht zum Nachteil der Verbraucher und Unternehmen.

„Nachdem ihre Zukunft wenig rosig aussah, wollten sich RWE und E.ON mit dem Ende 2018 verabredeten Megadeal den Energiemarkt untereinander aufteilen. Nun wird deutlich, dass unsere Warnungen vor den Folgen dieses Deals zutreffend waren: Die Strategie der beiden Konzerne zeigt Erfolg – zum Nachteil von Stromabnehmern und Wettbewerb. Nachdem bei RWE in dem Tausch von Unternehmensteilen die Erzeugungskapazitäten konzentriert wurden, hat der Energieriese nun nicht nur in den Augen anderer Marktteilnehmer, sondern auch in denen des Bundeskartellamtes eine marktbeherrschende Stellung erreicht.

Vor dieser absehbaren Entwicklung und ihren Folgen haben wir schon lange gewarnt. Dass sie sich nun ausgerechnet mitten in einer Energiepreiskrise manifestiert, muss als ein Schlag ins Gesicht aller Verbraucher und ein erheblicher Rückschlag für die liberalisierten Energiemärkte gewertet werden. Während die gesamte Wirtschaft unter hohen Energiepreisen ächzt, kann RWE aufgrund der extremen Situation an der Strombörse als größter Erzeuger, leider vor allem aus konventionellen Kraftwerken, seine Gewinnprognose deutlich anheben“, macht Thomas Banning mit Blick auf den aktuellen Strom-Marktmachtbericht des Bundeskartellamts deutlich. In diesem wird bescheinigt, dass RWE nach mehreren Jahren knapp unter der formellen Schwelle für eine marktbeherrschende Stellung diese nun deutlich überschritten hat. Insgesamt würde RWE demnach mehr als ein Viertel der Stromerzeugung des Erst-Absatzmarktes stellen. Entscheidend sei aber vor allem, dass die Nachfrage an vielen Zeitpunkten nicht mehr ohne die RWE-Kapazitäten gedeckt werden kann, wodurch das Unternehmen also entscheidend den Markt und die gehandelten Preise beeinflussen könnte. Diese Dominanz wird auch dadurch verstärkt, dass RWE mit weiteren Strommengen anderer Stromerzeuger am Markt handelt. Die Situation würde sich laut Bundeskartellamt durch die anstehenden Abschaltungen von Atom- und Kohlekraftwerken sogar weiter verschärfen.

Banning fordert eine zügige Bearbeitung der Klagen, die NATURSTROM sowie zehn kommunale Energieversorger bereits im Mai 2020 beim Europäischen Gericht gegen die Freigabe des Deals durch die EU-Kommission eingereicht haben: „Es war absehbar, dass der Deal von RWE und E.ON zu Lasten des Wettbewerbs geht, weshalb wir und andere auch schnell auf eine juristische Überprüfung der Freigabe hingearbeitet haben. In dem Prozess fallen die Gegenparteien allerdings vor allem durch Verzögerungstaktiken sowie das Aufblasen der Kosten zur Abschreckung der Klägerinnen auf – und auch das Europäische Gericht behandelt die Sache nicht mit dem aus unserer Sicht notwendigen Nachdruck. Während sich in Luxemburg das Verfahren immer weiter hinzieht, werden von den Energiekonzernen Fakten geschaffen – mit den nun sichtbar werdenden schädlichen Folgen. Die Verhandlung muss nun endlich beschleunigt und dabei auch die aktuellen Entwicklungen berücksichtigt werden, die ja genau das abbilden, was wir prognostiziert haben.“

Von der neuen Bundesregierung erhofft sich der NATURSTROM-Chef dabei eine deutlich neutralere Rolle als die der zuvor regierenden Großen Koalition, die die Wünsche von RWE und E.ON wohlwollend begleitet hatte und dann sogar als Streithelferin auf Seiten von RWE und E.ON dem Verfahren beigetreten ist. „Die Ampelkoalition hat sich vollkommen zurecht eine dezentrale Energiewende, mehr Innovation und eine Stärkung des Wettbewerbs auf die Fahnen geschrieben. Diese Ansinnen vertragen sich aber nicht mit zwei Megakonzernen, die einerseits die Stromerzeugung, andererseits das Netz- und Endkundengeschäft zu großen Teilen unter ihren Fittichen haben. Ich hoffe daher sehr, dass die nun Verantwortlichen im Kanzleramt und den Ministerien nicht mehr einfach Unternehmen allein ihrer Größe wegen protegieren, sondern verstärkt Wettbewerb und Verbraucherschutz als Leitmotive nutzen. Die Energiewende und unsere ganze deutsche Wirtschaft leben vom innovativen Mittelstand, nicht von Marktaufteilung und -beherrschung. Diese Stärken müssen wieder in den Fokus der Politik rücken!“, so Banning abschließend.