03.07.2015

Kohle-Kompromiss bremst Energiewende und Klimaschutz

Dr. Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender der NATURSTROM AG

Düsseldorf, 3. Juli 2015. Im Koalitionsausschuss wurden die sogenannten „Eckpunkte für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende“ verabschiedet. Dr. Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender der NATURSTROM AG, kommentiert den Kompromiss zur Stilllegung alter Braunkohle­kraftwerke.

„Neben einigen sinnvollen und begrüßenswerten Grundsatz­­entscheidungen enthält das Beschlusspapier der Koalitionäre auch eine faustdicke Enttäuschung: die milliardenschwere und absolut unnötige Subventionierung alter Braunkohle­­kraftwerke, die auf Kosten der Stromkunden als Kapazitätsreserve fürs Nichtstun entlohnt werden.

Es ist äußerst bedauerlich, dass Wirtschaftsminister Gabriel dem Druck der Kohlelobby und der Braunkohle-Bundesländer NRW und Brandenburg nicht standgehalten hat. Seine Idee einer CO2-Abgabe für alte, besonders klimaschädliche Braunkohle­meiler wäre ein wichtiger Schritt gewesen, doch noch die CO2-Minderungsziele für den Stromsektor in Höhe von 22 Mio. Tonnen bis 2020 erreichen zu können. Mit dem beschlossenen Kompromiss, der nahezu eins zu eins die Vorschläge der Braunkohle-Lobby übernimmt, ist dieses Ziel in weite Ferne gerückt. Durch die sukzessive Stilllegung alter Braunkohle­­kraftwerke sollen lediglich Einsparungen in Höhe von 11 Mio. Tonnen CO2 erreicht werden. Woher die fehlenden 11 Mio. Tonnen kommen sollen, bleibt in dem Beschlusspapier äußerst vage. Für den Klimaschutz bedeutet das eine riskante und leichtsinnige Wette.

Und es kommt noch schlimmer, denn die beschlossene Kapazitäts­reserve von 2,7 GW verursacht für die Verbraucher bis 2020 Mehrkosten in Höhe von rund 900 Mio. Euro. Für die Vorhaltung der alten Braunkohlemeiler als Reserve erhalten die Kraftwerks­betreiber jährlich rund 230 Mio. Euro. Nach vier Jahren in der Reserve sollen die Kraftwerke dann endgültig stillgelegt werden. Fraglich ist, ob diese Finanzhilfen mit dem EU-Beihilferecht vereinbar sind. Dies muss die Bundesregierung erst klären, wie sie selbst schreibt.

Zusätzliche Maßnahmen zur Erreichung der Minderungsziele des Stromsektors – u.a. die Förderung von Effizienz­maßnahmen in der Industrie sowie im Schienenverkehr – schlagen noch einmal mit jährlich bis zu 1,16 Milliarden Euro zu Buche. Insgesamt ergibt sich durch den Kohle-Kompromiss somit eine Mehrbelastung von mehreren Milliarden Euro.

Die ursprünglich von Gabriel geplante CO2-Abgabe hätte diese Kosten nicht versursacht und zudem einen klareren Weg zur Erreichung der angestrebten CO2-Einsparungen gewiesen. Dass sie außerdem zu einem Wegfall zehntausender Arbeitsplätze geführt hätte, wie Anfang April von kohlenahen Gewerkschaften kolportiert, gilt nach neueren Berechnungen als maßlos übertrieben. Ob die nun gefundene Regelung, bei der schließlich auch einige Kraftwerke stillgelegt werden, die tatsächlich bedrohten Arbeitsplätze beispielsweise im Braunkohle­­tagebau dauerhaft erhält, ist fraglich.“