13.11.2024

EnWG-Novelle: naturstrom AG fordert konstruktive Auseinandersetzung

Die naturstrom AG appelliert an die demokratischen Fraktionen im Bundestag, die heute im Kabinett verabschiedete EnWG-Novelle noch vor einer Neuwahl im Parlament zu beschließen – und hierbei weiter zu verbessern. Der Öko-Energieversorger kritisiert neue Hemmnisse beim Smart-Meter-Rollout und überzogene Steuerungsanforderungen für kleine Solaranlagen. Zudem müssen bei der Direktvermarktung die Prozesse den neuen Anforderungen angepasst werden.

Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch einen Entwurf zu einer Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes beschlossen, in dem auch viele Änderungen des Messstellenbetriebsgesetzes und des EEG enthalten sind. Gerade die Beschleunigung und Digitalisierung bei den Netzanschlüssen für Erneuerbare-Anlagen, die Möglichkeiten zur Überbauung von Netzverknüpfungspunkten, die flexiblere Heimspeichernutzung und die Absicherungspflichten für Stromversorger sieht der Energiewende-Pionier positiv.

Oliver Hummel, Vorstandsvorsitzender der naturstrom AG, ruft daher dazu auf, die Novelle noch vor der Wahl im Parlament zu beschließen: „Mit der EnWG-Novelle wird das Energiewende-Nadelöhr der zu langsamen Netzanschlüsse wirkungsvoll angegangen. Dies sollte im Interesse aller Parteien liegen, die hinter den deutschen Klimaschutzzielen stehen. Neue Absicherungspflichten für Energieversorger stärken zudem seriöse Unternehmen, indem sie verhindern, dass einzelne Discounter weiter ohne eigene Verantwortungsübernahme als Trittbrettfahrer des Systems unterwegs sind – dies ist ohnehin europarechtlich geboten.“

Die naturstrom AG ist auch als Direktvermarkter für Erneuerbare-Energien-Anlagen aktiv und blickt skeptisch auf die geplante Herabsetzung der Direktvermarktungsschwelle, die von bisher 100 kW schrittweise auf 25 kW sinken soll. „Es ist richtig, Erneuerbare-Energien-Anlagen stärker in den Markt zu holen und Preissignale beim Anlageneinsatz zu berücksichtigen“, so Hummel. „Der Entfall der Vergütung bei negativen Preisen ist wie die Ausweitung der Direktvermarktung daher nachvollziehbar. Allerdings sind die Prozesse der Direktvermarktung längst nicht für eine solche Ausweitung vorbereitet, die Kosten daher noch viel zu hoch für Anlagen mit nur vergleichsweise wenig Energieerzeugung. Hier braucht es deutliche Vereinfachungen und Digitalisierung in den Abläufen.“

Kritisch sieht der Öko-Energieversorger, dass die Nutzung von Smart Metern teurer wird und die Netzbetreiber den Einbau auf Wunsch stärker als bisher verweigern können. „Der Smart-Meter-Rollout schien gerade langsam in Gang zu kommen, nun wird durch neue Regeln und höhere Kosten wieder gebremst. Das ist für die Energiewende kontraproduktiv, wir brauchen mehr Daten und Intelligenz im System, und zwar flächendeckend“, so Hummel. „Es ist zwar nachvollziehbar, dass zunächst Erzeuger und flexible Verbrauchsanlagen steuerbar gemacht werden sollen. Aber auch alle Haushalte ohne solche Installationen müssen von dynamischen Tarifen profitieren können. Dafür braucht es keine overengineerten Smart Meter mit vielen Zusatzfunktionen, die reine Messung und Kommunikation der Stromverbrauchswerte würde vollkommen ausreichen.“

Während Hummel beim Smart-Meter-Rollout zu wenig Ambition attestiert, hält er die Verpflichtungen zur Steuerbarkeit für sehr kleine Anlagen ab zwei Kilowatt für überzogen: „Neue Auflagen und damit Kosten durch die Steuerbarkeitsanforderungen könnten die Rentabilität kleinerer PV-Anlagen empfindlich schwächen und damit den Solarausbau bremsen. Eine Steuerbarkeit für Anlagen ab 7 kW wie bisher reicht in der Regel aus, niedrigere Schwellenwerte sollten nur in Netzgebieten mit konkretem Engpass gelten.“

Verbesserungsbedarf sieht Hummel auch beim Energy Sharing, das als neues Belieferungsmodell eingeführt werden soll: „Die Bürgerenergieszene hat lange auf Energy Sharing gewartet – gut, dass diese europäische Vorgabe nun endlich umgesetzt werden soll. Der nun gewählte Ansatz bietet aber keine Anreize, das Modell in der Praxis zu nutzen. Leider wird so die Chance, Bürger:innen direkter bei der Energiewende einzubinden, nicht vollständig genutzt.“ Er appelliert abschließend: „Eine parteiübergreifende Bearbeitung und Beschlussfassung des Gesetzesentwurfs kann nicht nur eine Verbesserung für die Energiewende, sondern auch der Novelle selbst bringen.“