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Bürgerenergie: Sonnenstrom Neckar-Fils-Fildern

Anfang des neuen Jahrtausends ist der Anbieterwechsel zu Ökostrom noch ein Novum und die reine Ausnahme. In Esslingen am Neckar jedoch nimmt eine kleine Gruppe von Engagierten die Sache in die Hand und startet eine Kampagne namens „Rückenwind für Ökostrom“. Mit beträchtlichem Erfolg.

Die Menschen vor Ort aktivieren

Viel einfacher und wirksamer geht es eigentlich nicht: Wer der Umwelt und dem Klima etwas Gutes tun will, muss nicht gleich sein ganzes Leben umkrempeln. Als erster wichtiger Schritt genügt da manchmal schon der Bezug von echtem Ökostrom. Das denkt sich vor fast 20 Jahren auch Jürgen Menzel im Landkreis Esslingen, einer hübschen Gegend vor den Toren von Stuttgart. Menzel ist dort im Jahr 2001 Energie- und Umweltmanager einer Gemeinde sowie Gemeinderat von Esslingen. Zusammen mit dem Kreisverband der Grünen und der Offenen Grünen Liste Plochingen startet der studierte Versorgungstechniker damals eine lokale Stromwechselkampagne namens „Rückenwind für Ökostrom“.

Das Engagement von Menzel kommt nicht von ungefähr. Energie- und Umweltfragen liegen ihm schon immer am Herzen. Zu Schulzeiten schreibt er bereits für die Schülerzeitung, befasst sich mit bleifreiem Benzin und dem Waldsterben. Später dann ein Ingenieursstudium an der Fachhochschule für Technik Esslingen, einer renommierten Ingenieursschmiede. Im Beruf angekommen nutzt er sein Wissen und plant Niedrigenergie- und Passivhäuser.

Den Stromanbieter zu wechseln war ein Kampf

Nach der Strommarktliberalisierung im Jahr 1998 will Menzel selbst auf Ökostrom umstellen, muss aber feststellen, dass die etablierten Energieversorger den Wechselprozess absichtlich erschweren, sozusagen bürokratische Hindernisse aufbauen. „Anfangs musste man für einen Wechsel hinstehen und förmlich kämpfen“, beschreibt Menzel die damaligen Verhältnisse. Im Jahr 2001, als es bürokratisch runder läuft, beschließt der Energiefachmann mit zwei Mitstreitern, die Ökostrom-Wechselkampagne ins Leben zu rufen. Dabei verfolgt er mehrere Ziele. „Wir wollten die etablierte Energiewirtschaft unter Druck setzen, die Menschen für einen Wechsel zu Ökostrom sensibilisieren und den Ausbau der Erneuerbaren im Landkreis vorantreiben“, erinnert sich Menzel.

Die Themen Ökostrom und Energiewende sind für die meisten Menschen im Jahr 2001 zwar noch recht unbekannt, lassen sich aber durch den möglich gewordenen Anbieterwechsel und die dadurch neu entstandene Macht der Haushalte gut verpacken und für die Kampagne nutzen. Mit dem individuellen Wechsel könne man „die komplexe Erneuerbare-Energien-Materie auf eine simple und eigene Entscheidung vereinfachen und damit ein Zeichen setzen“, erklärt Menzel das Credo der damaligen Kampagne.

Um den Wechsel noch leichter zu machen, prüfen Menzel und seine Mitstreiter die am Markt verfügbaren Ökostromangebote. Die Wahl fällt schließlich auf zwei Anbieter, die Sie für besonders vorbildlich erachten - einer davon ist naturstrom. Derart vorbereitet starten sie die Kampagne und fordern die Menschen vor Ort aktiv zum Wechseln auf.

Kampagnenarbeit auf allen Kanälen

Dafür ziehen die Mitstreiter alle Register. Um die Informationen zu verbreiten bauen sie Infostände auf, verteilen Flyer auf Veranstaltungen, führen selbst Ökostrom-Infoveranstaltungen durch, aktivieren ihren Bekanntenkreis und nutzen die Kampagne im Wahlkampf der Grünen.

Und tatsächlich trägt die Mühe nach und nach Früchte. Zwischen 2002 und 2006 folgen mehr als 1000 Haushalte dem Aufruf der Kampagne und stellen um auf Ökostrom - und das zu einer Zeit, als die Energiewende gerade erst Laufen lernt und der Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch noch bei zarten 7 Prozent liegt. Ein Achtungserfolg in der Region - und geschickt eingefädelt. Denn der Clou der Kampagne liegt im Versprechen der beiden Ökostromanbieter, die im Strompreis enthaltene Förderung für den Bau neuer umweltfreundlicher Stromerzeugungsanlagen direkt vor Ort zu verwenden.

Neuanlagenförderung als Zukunftsversprechen

Für naturstrom ist dieses Modell eine Bestätigung der Unternehmensphilosophie. Denn mit dem sogenannten „Förderpfennig“ je Kilowattstunde unterstützt der Ökostrompionier schon seit seiner Gründung im Jahr 1998 deutschlandweit Bürgerenergieprojekte auf genau diese Weise. Aus diesem Grund wird der naturstrom-Tarif im Jahr 1999 auch mit dem hochwertigsten Ökostrom-Label, dem Grüner Strom-Label, ausgezeichnet und behält dieses bis heute.

Die Stromwechselkampagne von Jürgen Menzel passt also zu naturstrom wie die Sonne zur Photovoltaik. Und mit den neu gewonnenen Ökostrom-Kunden wächst mit der Zeit auch die Summe im Fördertopf, die für die Realisierung von Neuanlagen reserviert ist. In Esslingen, an dessen Hügeln Wein angebaut wird und das mit jährlich mehr als 1.000 kWh Sonneneinstrahlung je Quadratmeter für deutsche Verhältnisse ein besonders sonnenverwöhntes Stück Erde ist, muss man dann auch nicht lange überlegen, wofür die Fördermittel zu verwenden sind.

Kooperation zwischen Bürgergesellschaft und NATURSTROM

Und so kommt es, dass am 19.08.2004 die Sonnenstrom Neckar-Fils-Fildern GmbH &Co. KG gegründet wird und fortan mit naturstrom eng zusammenarbeitet. So bringt naturstrom die Fördergelder in die Gesellschaft ein und fungiert mit einem Tochterunternehmen als persönlich haftende Gesellschafterin. Zusätzlich können sich Anleger und Kommanditisten an der Gesellschaft beteiligen, haften dabei hingegen nur mit ihrer Einlage. Das neu gegründete Unternehmen versteht sich als Basis für lokale Bürgerbeteiligungsanlagen, so dass interessierten Bürgerinnen und Bürgern neben dem Bezug von Ökostrom eine weitere Möglichkeit geboten wird, die Energiewende zu unterstützen und CO2 einzusparen.

Nach kürzester Zeit zeigt sich: Das Modell funktioniert. Bereits im Gründungsjahr werden die ersten beiden Photovoltaik-Anlagen auf Gebäuden der gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft Plochingen und der Schillerschule in Esslingen-Berkheim mit insgesamt etwa 55 Kilowattpeak errichtet und in Betrieb genommen. Doch damit nicht genug. In den Folgejahren geht jährlich jeweils eine weitere Anlage ans Netz. Dafür nutzt man ebenfalls Dächer von Schulen bzw. der Plochinger Genossenschaft, sodass die Sonnenstrom Neckar-Fils-Fildern Ende 2007 eine installierte Gesamtleistung von 155 Kilowattpeak aufweisen kann.

Energie für mehr als 60 Haushalte

Der Betrieb der fünf Anlagen bestätigt die solare Gunstlage im Süden der Republik. Oftmals liegt die Stromerzeugung sogar einige Prozentpunkte über den Ertragsprognosen. Jährlich werden insgesamt etwa 155.000 Kilowattstunden Strom produziert - genug für etwa 60 Durchschnittshaushalte und damit ein weiterer kleiner Schritt zum Ziel einer Versorgung auf Basis Erneuerbarer Energien - dezentral und unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern.

Auf diesen Erfolg blickt auch Jürgen Menzel zufrieden zurück. Der Energieexperte hat selbst auch eine Solaranlage auf dem eigenen Dach, nutzt Zisternen für Brauchwasser sowie eine kontrollierte Wohnraumbelüftung mit Wärmerückgewinnung. Beruflich gibt der passionierte Radler, der zu einem geschäftlichen Termin in bis zu 100 Kilometer Entfernung auch mal per Fahrrad anreist, nach Beendigung der Ökostromkampagne sein Expertenwissen auch an die Politik weiter. Nach dem Regierungswechsel im Jahr 2011 berät er als Parlamentarischer Berater die Grünen-Fraktion im baden-württembergischen Landtag in Energiefragen und kandidiert 2013 außerdem selbst als Bundestagskandidat für den Wahlkreis Esslingen. Seit 2016 ist Jürgen Menzel Geschäftsführer der regionalen Energieagentur Rems-Murr und berät Privatpersonen, aber auch Kommunen und Gewerbe in den Bereichen Energieeffizienz und Erneuerbare Energien. Und ist damit ein glänzendes Beispiel für jene Menschen, ohne die das Gelingen der Energiewende nicht möglich wäre.

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